Steinregen Dubsystem im Interview

Steinregen Dubsystem

Am 20. April feierte das Steinregen Dubsystem aus Freiburg den Release ihrer neuen EP “Saga”. Nach 16 Jahren Band-Geschichte, mehreren Alben und vielen gefeierten Live-Auftritten, setzen sie erneut kreative Maßstäbe und nehmen ihre Fans mit auf eine musikalische Reise. Das letzte Album “Nautilus” erschien bereits 2016. Zeit also für neue Klänge aus Freiburg. Im Interview verraten sie uns ihre Inspirationen, erzählen von ihrem kreativen Prozess und geben Einblicke in ihre musikalische Entwicklung.

Eure neue EP “Saga” ist vor Kurzem erschienen. Was war die Haupt-Inspiration hinter diesem Projekt und welche Themen behandelt ihr darauf?

Für uns war es allerhöchste Zeit, überhaupt mal wieder etwas zu releasen. Wichtig war uns aber diesmal vor allem, dass das Ergebnis uns fünf als Musiker darstellt. Die bisherigen Veröffentlichungen waren immer voll mit ganz vielen Gastmusiker*innen, was total schön, bereichernd und spannend war. Wie aber nur wir Fünf klingen, das konnte man nur live erleben und das wollten wir mit dieser EP ändern.

Könnt ihr uns etwas über den Entstehungsprozess von “Saga” erzählen? Wie sah euer kreativer Ablauf im Studio aus?

Es gab zu diversen Tracks meistens schon eine grobe Produktionsskizze, die von dem ein oder anderen von uns vorproduziert wurde. Das sind dann aber oft erstmal nur Loops, die dann gemeinsam ausgearbeitet wurden. Wir haben alle fünf Tracks auch schon in Ansätzen live gespielt, was den Prozess eher dahingehend änderte, wie man aus einer Live-Version eine fertige Produktion zum Release bringt.

Daher haben wir sehr viele Passagen gemeinsam als Band eingespielt um den dynamischen Live-Charakter abzubilden und zu erhalten. Diese Mischung aus Band-Live-Passagen und der Produktion haben den Prozess der EP geprägt.

Jede Band hat ihre eigenen Rituale und Gewohnheiten. Gibt es bestimmte Routinen, die ihr bei der Aufnahme oder beim Songwriting verfolgt?

Was wirklich sehr oft in unserem Produktionsprozess vorkommt ist, dass wir wirklich alle gemeinsam vor der Produktion zusammen sitzen, uns gegenseitig zuhören und gemeinsam Ideen entwickeln.

Wie habt ihr euch als Band ursprünglich gefunden und was hat euch dazu bewogen, gemeinsam Musik zu machen?

Ursprünglich entstand Steinregen als ein neues Projekt von zwei von uns und war eher im Bereich NDW, was sich aber immer mehr hin zu Reggae, D’n’B und Dub entwickelte. Als es dann darum ging, wie man die Produktionen auf die Bühne bringen könnte, kam die Idee auf, befreundete Musiker*Innen ins Boot zu holen. Daraus hat sich dann nach und nach die Kombination entwickelt, wie wir heute sind. In dieser Besetzung spielen wir wirklich schon etliche Jahre zusammen.

Euer Sound ist einzigartig. Welche musikalischen Einflüsse und Genres haben euch auf eurem Weg besonders geprägt?

Vielen Dank. Jeder von uns hat wirklich unterschiedliche musikalische Einflüsse. Wir finden es eben spannend, genau diese Unterschiede in unsere Produktionen einfließen zu lassen.

Wie würdet ihr die Entwicklung eures Stils von euren ersten Veröffentlichungen bis zur aktuellen EP beschreiben?

Spannend ist auf jeden Fall, wie viele unzählige unterschiedliche Instrumente, Synthesizer, Effekte, Produktionstools, Herangehensweisen,…, wir seitdem ausprobiert haben. Es ändert sich ständig etwas und zwingt uns auch immer ein bisschen offen zu bleiben für neue Einflüsse. Das ist natürlich super.

Was war die Inspiration hinter der EP “Saga”? Gibt es ein zentrales Thema oder eine Geschichte, die ihr erzählen wolltet?

Wir haben am Ende des Produktionsprozesses alle Songs durchgehört und das fühlte sich für uns wie eine Reise an, eine Erzählung mit verschiedenen Etappen, eine Art Geschichte von uns, eine Saga.

Wie habt ihr die Tracks für “Saga” entwickelt und aufgenommen? Gab es besondere Herausforderungen oder unvergessliche Momente während der Produktion?

Es gibt in unseren Produktionen immer wieder Momente, die uns vielleicht mal aus einem Fehler heraus oder eben aus Zufall inspirieren. So z.B. das Gesangssample von “Bunja”. Der Song lief, Bene hat diese uralte Platte aufgelegt und abgespielt und es war quasi instant ein Match auf diesen Song. Bei solchen Sachen versuchen wir dann auch möglichst nicht zu viel zu editieren, weil wir diesen Charakter, dass es eben vielleicht nur 98% passt, total lieben. Die Grundidee von dem Song “Midnight” entstand vor wirklich vielen Jahren auf einer Handyapp “Caustic”.

Die Entscheidung die Synthis bei Nebula stark zu verzerren kam, weil wir im Prozess den Song einmal auf Handylautsprechern abgespielt haben, was eine natürlich Verzerrung des Sounds zur Folge hatte, was wir dann in die Produktion übernommen und teils, für unsere Verhältnisse, ins Extreme gezogen haben.

Bei “Bunja” ist am Anfang ein Drum-Loop zu hören aus einem Taperecording von 2015. Irgendwann war die Kassette in einem Tapedeck und lief aus Versehen sehr langsam ab und wurde so die Grundlage einer Loop Idee.

Die Cover Gestaltung mit der Maske aus Karton unterscheidet sich deutlich von euren bisherigen Covern. Was hat es damit auf sich? Mögt ihr uns dazu etwas erzählen?

Unser Proberaum ist ein gemeinschaftlich genutztes Atelier und Studio mit etwa 12 Kreativpersonen aus verschiedenen Kunstbereichen. Unter anderem Malerei, Musikproduktion, Bildhauerrei, Videokunst, Photografie, Tatooart. Während wir produziert und recordet haben, waren immer wieder auch andere Menschen gleichzeitig im Raum und haben an anderen Projekten gearbeitet. Tim Kirn (Fotograf) hat einige der Kunstwerke aus dem Raum fotografiert. Unter anderem auch den 50 cm großen Kopf aus Karton von Julius Martin-Humpert. Als zufällig “Midnight” lief und der fotografierte Kopf auf dem Bildschirm gegenüber zu sehen war, war für uns klar, dass dies unser neues Cover werden soll. Das Cover hat uns sozusagen fast den kompletten Produktionsprozess begleitet und wir freuen uns sehr, dass die neue EP komplett in diesen vier Räumen entstanden ist.

Was sind eure Pläne und Ziele für die Zukunft? Können wir bald neue Projekte oder vielleicht sogar ein Album erwarten?

Wir freuen uns in den nächsten Jahren hoffentlich auch wieder mehr live spielen zu können.

Ihr seid bekannt für eure energiegeladenen Live-Auftritte. Was macht für euch ein gelungenes Konzert aus und wie bereitet ihr euch darauf vor?

Wir versuchen in unseren Live-Arrangements immer eine gute Mischung zu haben zwischen klaren, fixen Absprachen und sehr freien Passagen. Damit wir selber auch Momente haben, in denen wir die Konzerte genießen können. Es gibt nichts schöneres, als mit seinen Freunden, die eigene Musik zu spielen, die man liebt. Und wenn dann noch Menschen im Publikum das feiern. Das ist ein wirkliches großes Glück und Privileg. Vielen Dank auf diesem Weg an alle tollen Menschen, die auf einem unserer Konzerte waren und uns supportet haben. Wir sind absolut dankbar und überwältigt über den jahrelang andauernden Support.

Interview: Christian Boeke (08/2024)

About Christian

Founder of RootsLoveSoundsystem, Teacher, Pedagogue, Carpenter and Host of the RootsLoveRadio Show at Freies Radio Wiesental.