Gracy’s Bash, Varel, 13.7.24

Gracy’s Bash 2024

Was für ein schönes Fest! Jedes Jahr wiederholt sich im kleinen, aber feinen Ort Varel in Friesland ein Ereignis, das sich in der Reggae-Szene über die vielen Jahre einen prächtigen Ruf erarbeitet hat. Das liegt sicher auch an der Location, dem Gasthof “Die Linde” mit dem dazugehörigen Yard, aber vor allem an den vielen Menschen, die dort friedlich und ausgelassen zusammen kommen, um Reggae im Generellen und Sista Gracy im Speziellen zu feiern. Auch in diesem Jahr war das Lineup beeindruckend. Den Anfang machten Schwarzpaul im Regen. Mit ihrer angenehm charmanten Show und mächtigem Sound haben sie die anwesenden Menschen – das Festival war ausverkauft – gut in Stimmung gebracht. Kern ihrer Show waren die Tunes des aktuellen Albums “Messer aus Holz”, die sie in der jeweiligen Liveversion oft prächtig gedubbt haben. Mehr davon, kann man der Band zurufen – auch auf den kommenden Veröffentlichungen.

Direkt im Anschluss gab sich Mellow Mark sympathisch die Ehre. Auf der kleinen Bühne zog er mit seinem akustisch gehaltenen Set, das auch an Straßenmusik erinnerte, das anwesende Publikum in seinen Bann. Der Regen hatte mittlerweile wieder aufgehört und kam den ganzen Abend lang auch nicht wieder.

Keishera war eigens aus Brooklyn angereist, um sich äußert stimmgewaltig zu präsentieren. Das Spektrum ihres souligen Gesangs ist wirklich überzeugend. Zudem hat sie auch in Varel mit ihrer Bühnenpräsenz überzeugt. Ihre Songs, wie zum Beispiel “Beautiful Girl” und “Put It On You”, wurden überraschenderweise von Schwarzpaul als Backingband begleitet. Eine wirklich überzeugende Kombination. Man hatte den Eindruck, die versammelten Musiker und die Sängerin hätten das nicht zum ersten Mal gemacht, obwohl es genauso war. Respekt!

Der Stargast des diesjährigen Festivals war Romain Virgo. Der Jamaikaner war mit seiner eigenen Band angereist und lieferte eine kraftvolle Performance ab, die vor allem die weiblichen Gäste erfreut haben dürfte. Mit seinen großen Hits wie “Who Feels It Knows It”, “Soul Provider” und “Stay With Me” (der Coverversion von Slim Smiths Riesenerfolg), ausgewählten Songs des neuen Albums “The Gentle Man”, wie etwa “Been There Before” und “Good Woman”, bis hin zum schnulzigen “Taking You Home” als letzte Zugabe der Show, hat er das Publikum im Griff gehabt. Ein wirklich sympathischer Entertainer, der auf den Punkt abliefern kann, mit einer sehr professionell aufspielenden Band.

Umschalten: kleine Bühne. Vor dem Auftritt von Sista Gracy und der Yardie Crew legte Teacha Dee zusammen mit Slin Rockaz los und unterhielt die Massive mit Tunes, wie “Rastafari Way”. Teacha Dee hat auf der kleinen Bühne eine angenehme Bühnenpräsenz hingelegt und mit Don Tippa zudem einen gut gelaunten Gast am Mikrofon auf die Bühne geholt. Beide waren später auch Gäste bei Sista Gracy & The Yardie Crew, u.a. mit dem Song “Smoke And Fly”.

Der Rest des Abends bzw. der Nacht gehörte wieder ganz und gar Sista Gracy & Co.. Warum auch nicht, hat sie doch zusammen mit etlichen Mitstreiter*Innen Reggae in Deutschland schon in den 80er Jahren propagiert – zudem findet das Festival ja in ihrem Garten statt. Die Auftritte von ihr mit der Yardie Crew sowie der Sofa Connection sind immer wieder aufgetankt mit viel Herz und Liebe für Reggae und gelegentlich auch frühen Dancehall. Auch an diesem Abend spielten alle auf der Bühne gut gelaunt und versiert auf, um den Geburtstag der Queen zu feiern. Und Sista Gracy war einfach beeindruckend. Wahnsinn, dass sie neben der ganzen Orga und dem ständigen Werkeln in der Küche immer wieder die Kraft aufbringt, so charmant auf der Bühne zu performen. Danke dafür.

Schwierig waren die Verhältnisse auf dem Camping- bzw. Parkplatz auf den Ackern neben dem Yard. Durch den vielen Regen am Tag zuvor und dem heftigen Dauerschauer während des Auftritts von Schwarzpaul waren sämtliche Wege aufgeweicht. Gäste mussten mit ihren Autos von einem Trecker aus dem Acker gezogen werden. Viel Geduld war also gefragt. Danke an die vielen Helfer*Innen vor Ort.

Und zum Schluss noch eine Anmerkung bzgl. der Selections zwischendurch: Es ist einfach das Publikum mit dem kontinuierlichen Abfeuern von altbewährten “Sure Shots” anzuheizen. Die Kunst des Auflegens läge allerdings auch darin, Hits mit neuen, unbekannten Tunes zu würzen. Hier wäre mehr Mut angebracht gewesen.

Text. Karsten Frehe, Fotos: Hans Beyer, Karsten Frehe und Peter Stutz

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.