Dub
Flash Records
Dub Rogue - all in the name
of dub
DUB.
Nicht gerade der ganz große Renner in Deutschland, aber
sehr wohl in Frankreich, England und Skandinavien ganz weit
oben zu finden. Dass es hierzulande dennoch und vor allem wieder
eine immer lebhafter werdende Szene gibt, haben wir hier bei
Irie Ites.de schon mehrfach aufgezeigt. Und wir werden es weiter
tun, denn bei der Mediendominanz des digitalen Dancehalls, der
mit dem Hip Hop immer größer werdende Schnittmengen
aufweist, findet DUB wenig Gehör. Projekte, Bands und Artists
wie Noiseshaper, das Al Haca Soundsystem, BUS, Burnt Friedman
und Labels wie Meteosound, Echo Beach, Select Cuts, Scape, Subverzion
und Burial Mix machen mehr als deutlich, dass hier einiges geht!
Bei der auch in der heimischen Szene langsam anzutreffenden
Schnelllebigkeit im Dancehall/Reggae-Bereich, kann es eigentlich
nur eine Frage der Zeit sein, bis der Dub erneut zu den Ohren
einer deutlich größeren Anzahl von Menschen gelangen
wird.
Wieder erblickt ein neues Label das Licht der Welt: Dub Flash
Records aus Berlin. Nachdem eine erste 7 Inch den Anfang der
Reihe "Dub Splitz Part 1" eingeläutet hat, liegt
nun die Righteousness EP vor.
Ein gelungener
Start und Grund genug, ein paar Fragen an Ralf Wunderlich aka
Dub Rogue (zu Deutsch: Dub Schelm oder Dub Schurke) zu stellen....
Soeben
ist die zweite Veröffentlichung auf deinem neuen Label
erschienen. Wie schon bei der ersten 7 Inch erscheint hier ebenfalls
der Name Dubcreator aus den Niederlanden. Wie kam es zu der
Kooperation? Was schätzt du besonders an ihm?
DC
ist einer der zahlreichen Kontakte, die ich über meine
Website in all den Jahren geknüpft habe. Es müsste
so circa 5 Jahre her sein, als ich ihm das ers-te Mal schrieb,
dass mich seine Musik FLASHt. ;-) Ich schätze ihn (und
seine ganze Familie) in erster Linie als Mensch, aber natürlich
auch als Dub-Produzent. Für mich ist er momentan ganz klar
die Nummer 1 im Dub-Bereich. Seine Mixe sind nahezu perfekt
und sein Sound sucht seinesgleichen (auch wenn ich seine älteren
Werke eigentlich sogar besser finde als die neueren). Für
mich war eigentlich schon immer klar, dass er der erste Künstler
auf mei-nem Label sein wird. Und so kam es dann ja auch. Dass
er auch auf der Righteousness EP drauf ist, hat eigentlich Sir
Larsie I verursacht. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren.
;-)
Nachdem
Sir Larsie I die Single "Babylon Shitstem" auf Paqua
Roots/Walboomers veröffentlicht hat, folgen nun Tunes auf
Dub Flash. Trotz der großen Resonanz, die seine bisherigen
Veröffentlichungen bislang erfahren haben, dürfte
er noch recht unbekannt sein. Kannst du ihn mal in deinen Worten
den Menschen vorstellen?
Larsie
ist ein Mysterium. Größer als das Mysterium von Kha!
Er ist ein Schatten, der zwischen den Welten hin und her springt.
Noch niemandem ist es gelungen, ihn zu fassen zu kriegen. Er
tauchte aus dem Nichts auf, gab mir seine Tracks und verschwand
so plötzlich wie er kam.
Was
mir an seiner Musik so gefällt, ist sein kalter, synthetischer
Klang, der ja durchaus so gewollt ist. Teilweise könnte
man es schon fast als Industrial-Dub bezeichnen. Auch macht
er eigentlich genau das, was man beim Dub vermeiden sollte:
Abwechslung. Kleine Spielereien, hier eine Melodie, dort eine
Hookline. Bei mir tut sich ganz viel im Kopf, wenn ich seine
Lieder höre. Bilder, Ideen, Phantasien, die totale Stimulanz.
Das gefällt mir. ;-)
Rankin
Diddy ist mir bislang auch unbekannt. Kannst du kurz was zu
seiner Vorgeschichte sagen?
Diddy
ist ein afrikanischer Sänger, der in Köln lebt. Ich
denke, wir werden in Zukunft noch einiges von ihm zu hören
bekommen.
Auf den
"Dub Splitz Part 1" begegnet einem mit Sayan sogar
ein Artist aus Kalifor-nien. Das klingt ja ganz nach globalen
Verbindungen. Wie bist du an ihn gekommen?
Das
war ganz unspektakulär: Er hatte mir eine CD, die er bei
mp3.com rausgebracht hat, zum Reviewen zugeschickt. Nach meinem
Feedback hat er dann einen speziellen Dub Flash Remix meines
"Lieblingsstücks" gemacht, welcher sich dann
natürlich auch für den Release anbot. ;-)
Die
"globalen Verbindungen" haben sich im Laufe der Jahre
durch meine Website ergeben. Theoretisch könnte ich von
mir behaupten, dass man mich in Australien, Südafrika,
Brasilien, USA und in ganz Europa kennt. Den asiatischen Markt
konnte ich leider noch nicht erobern. *lol* Aber im Endeffekt
sind's ja trotzdem nur eine handvoll Leute, die auf alle möglichen
Kontinente verstreut sind. ;-) Die Welt ist halt klein...
Bastelst
du selbst auch an eigenen Tunes?
Ich
hänge das nicht gerne an die große Glocke, aber ja,
momentan bastel ich an meinem Debutalbum. Das wird eine sehr
persönliche Sache, eine Reflexion meiner Selbst in Dub
sozusagen, sehr deep, sphärisch, träumerisch. Wobei
es eigentlich nicht wirklich ein Dub Album wird. Aber dubby
auf jeden Fall. Und was ist schon Dub? ;-)
Remixprojekte
habe ich auch gestartet, aber mangels Zeit komme ich nur sehr
sporadisch dazu. Bislang ist erst ein Dub-Remix für eine
Finnische Rap Band fertig. Aber das wird noch mehr, versprochen.
:-)
Kommen
wir mal kurz auf deine Site bzw. deine musikalischen Vorlieben
zu sprechen. DUBFLASH.COM ist mir persönlich schon lange
ein Begriff und schaue immer wieder gerne vorbei. Wie bist du
selbst auf den Geschmack an Dub gekommen? Gibt es so etwas wie
eine Initialzündung?
Danke
für das Lob. Die "Initialzündung" gab es
tatsächlich. Ich versuchs so kurz wir möglich zu machen:
Anno 1991 im Alter von 14 Jahren wollte ich auf einer Schulreise
eine Fußballübertragung im Radio hören. Beim
Sendersuchen landete ich "versehentlich" auf dem mir
unbekannten Sender DT64. Und da lief irgendein Konzertmitschnitt
(der nur ersatzweise im Programm war). Ich hatte noch nie solche
Musik gehört. Und ich hatte auch Angst vor diesen seltsamen
Geräuschen verspürt. Aber nach wenigen Augenblicken
fing mein ganzer Körper an zu kribbeln und ich wusste,
dass nichts mehr so sein würde wie es vorher war...
Was
ich da hörte, war eine Show von Gary Clail's On-U Soundsystem.
Die Radiomoderatoren sagten aber einen falschen Namen an und
somit fand ich niemals etwas von diesem nicht existenten Künstler.
Ich war am Erdboden zerstört. Doch eine höhere Macht
namens Schicksal hatte glücklicherweise etwas anderes mit
mir vor: Monate später stand ich mit meinem Vater vor dem
Plattenladen "Bote & Bock". Und da stand eine
schwarze Platte im Schaufenster mit dicken Lautsprechern auf
dem Cover und einem vermummten Gesicht.
Mein
Vater, der keine Ahnung hatte, was ich damals gehört hatte
oder wovon ich da redete, meinte nur: "Schau mal, das ist
doch garantiert die Platte, die du suchst." Ich dachte
nur, das ist doch totaler Quatsch, das kann nicht sein, wie
kommt er denn darauf? Nichts deutete schließlich darauf
hin. Doch er kaufte sie trotz meines Protestes einfach. Und
es war die besagte Platte: "The Emotional Hooligan".
Im Endeffekt ja noch nicht wirklich Dub Musik, deshalb:
Nur
ein paar Tage später brachte mein Vater eine weitere Platte
nach Hause: Auf dem Cover waren zwei gekreuzte Zigaretten zu
sehen, was mir sehr suspekt war. Er meinte, das Album sei vom
gleichen Label und sieht nach guter Musik aus (woran machte
er das bloß fest?). Er legte es auf den Plattenteller
und für mich begann ein neues Leben... (Der Name des Albums
war "Stoned Immaculate" vom Dub Syndicate.)
Unterscheiden
wir mal in Oldschool (Tubby, Scientist, Perry und Co.) und New
School (Disciples, Alpha & Omega, Zion Train, Groove Corporation
und eben auch Dubcreator). Würdest du sagen, dass dein
persönlicher Schwerpunkt (jetzt nicht nur auf das Label
bezogen) auf New School liegt?
Definitiv.
Ende der Neunziger habe ich eine zeitlang alte Sachen gekauft
und gehört, aber ich finds ehrlich gesagt ein bisschen
eintönig, vor allem, da man auf immer neuen Platten immer
wieder die gleichen Sachen findet. Die neuen Produktionen sind
einfach variabler, weil man auch viel mehr Möglichkeiten
hat. Abgesehen davon hat man mich nicht umsonst den "Berlin
Heavy Step-per" genannt. ;-)
Dub in
seinen moderneren Ausprägungen spielt in Deutschland -
im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien - eher die
zweite, dritte oder gar vierte Geige. Im Irie Ites-Forum gab
es schon etliche Stellungnahmen zu diesem Thema, u.a. auch von
dir. Wie lässt sich deiner Meinung nach Future oder NeoDub
wieder mehr in die Köpfe der Menschen bringen?
Tja,
wenn ich das wüsste...
Ich
versuche einfach weiterhin, gute Musik zu veröffentlichen
und hoffe, dass sich das irgendwie rumspricht. Ich muss aber
auch gestehen, dass ich mir in Deutschland bislang nicht so
richtig Mühe gebe, weil ich einfach in anderen Ländern
(momentan vor allem Skandinavien) viel mehr mit viel weniger
Aufwand erreichen kann. Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf...
Red I
schrieb vor einiger Zeit in einem Review auf dieser Site, dass
"sich Dub in erster Linie durch das Nichtexistieren musikalischer
Grenzen auszeichnet". Gibt es bei der Schwierigkeit, Dub
eindeutig zu fassen, für dich so etwas wie ein wesentliches
Substrat?
Im
Spaß sage ich ja gerne folgendes: Ich höre ja nicht
nur Dub. Ich höre allgemein gute Musik. Kann ich was dafür,
dass 99% der guten Musik Dub ist?! ;-)
(Wobei
ich dabei anmerken möchte, dass ich darin auch UK Roots
einschließe, also die Vocal Cuts der dazugehörigen
Dubs. Der Einfachheit halber...)
Für
mich ist Dub auch ein Gefühl, nicht nur Musik. Ich fühle
diese Musik und ich lebe diese Musik. Wenn ein Lied dubby ist,
dann spüre ich das sofort in meinem Herzen. Das klingt
vielleicht total bescheuert, ist aber wirklich so.
Der
im Magen grummelnde Bass, die Drums aus der Echokammer, die
den Kopf nicken lassenden Skanks und vor allem der exzessive
Gebrauch von E-chos, das ist es, was für mich einen guten
Dub ausmacht. Für andere ist es die Produktionstechnik
an sich. Fazit: Die Frage ist wohl nicht zu beantworten. ;-)
Wie schon
in der Einleitung beschrieben, ist allüberall der Dancehall
im Land zu hören. Wie stehst du persönlich zu Dancehall?
Abgesehen
davon, dass mich der Hype darum ein wenig nervt (vor allem die
Attitüde, dass dieser Stil momentan der einzig richtige
ist und alles andere ist schlecht und wird am liebsten ganz
unter den Tisch gekehrt sowie die Ver-schmelzung mit der Hip
Hop Szene und die Übernahme deren Ansichten) muss ich gestehen,
dass ich mit Dancehall nicht wirklich viel anfangen kann. Genau
genommen gar nichts. Was in erster Linie daran liegt, dass Musik
für mich flüssig sein muss, rollend, gleitend, wie
ein weicher fliegender Teppich, der Höhen und Tiefen abfängt
und dich sanft durch die Lüfte wiegt. Dancehall ist ja
zumeist stakkatomäßig abgehackt. Da springen meine
Gehirnzellen einfach nicht drauf an. Aber ich hab dennoch Respekt
vor all den Künstlern, die sich dieser Musik verschrieben
haben. Big up!
Würde
ein Dancehall-Tune einen Platz auf einer 7 Inch von Dub Flash
Records finden können?
Nicht,
wenn ich's verhindern kann. (Und das kann ich.) ;-) Aber ernsthaft:
Die Labelphilosophie geht ja gerade dahin, dass es für
Dancehall und Co. genügend andere Spielwiesen gibt. Dub
Flash ist für die Musik am Rande gedacht. Die, die sich
sonst keiner traut, rauszubringen, weil der Markt zu klein ist.
Ich mach das alles ja für die Musik und nicht fürs
Geld. Und das meine ich ernst. Krank, was?! ;-)
Gibt
es so etwas wie eine Top 5-Liste von Künstlern mit denen
du auf Dub Flash Records gerne zusammenarbeiten würdest
(inklusive Träumereinen)?
Nein,
gibt es nicht wirklich. Am liebsten würde ich mit allen
aktuellen Dub Künstlern zusammen arbeiten wollen. Aber
nicht der Namen wegen sondern der Musik wegen. Der Dub, den
ich mag und für den ich stehe, soll überall verbreitet
werden, so das man keine Chance mehr hat, an ihm vorbeizukommen.
;-)
Abgesehen
davon wäre der Top-Artist der Dubcreator und den hab ich
ja schon. *grins* Ansonsten möchte ich am liebsten mit
unbekannten Künstlern zusammen arbeiten, z. B. Jah Taja
aus Finnland, Slimmah Sound aus Holland, Munky Lee aus Frankreich.
Hmm, Iration Steppas wäre ein Ziel, das ich auch im Auge
behalten sollte. *träum*
Ich will
mal nicht nach DEM Dubalbum fragen. Dennoch: welche 3 Alltime-Favourites
würdest du unbedingt ans Herz legen?
Schwer.
Ganz, ganz schwer. Gary Clail's "Emotional Hooligan"
wird für mich immer das wichtigste bleiben, weil es den
Anfang markiert. Aber ans Herz legen würde ich euch spontan:
Dubcreator "Beware... The Bass", V. A. "Dub Out
West 1 - Roots Cultivatas" und Jonah Dan "Intergalactic
Dub Rock". In 5 Minuten würde ich allerdings sicherlich
drei andere Titel nennen…
Wann
wird die Reihe der "Dub Splitz" fortgesetzt. Ist eine
weitere 7 Inch schon in Planung und wenn ja mit welchen Artists?
Diese
Serie hat momentan erst mal eher geringere Priorität. Neue
Tracks wurden mir jedoch schon zahlreich angeboten, irgendeiner
davon wird's wohl auch sein. Ansonsten bleibt das Prinzip der
Serie: Auf der A-Seite ein etablierter Künstler, auf der
B-Seite ein Newcomer, möglichst jeweils strictly dubwise.
Was steht
ansonsten an?
Zum
einen mein eigenes Album, wobei das offen gesagt eher so eine
Art Selbstfindung ist oder so. Der Titel wird "Dreams Of
A Lost Soul" lauten. Wie schon oben gesagt, knapp 80 Minuten
Musik. Wenn's klappt, vielleicht sogar mit Gastfeatures. Release-Date
ist der 1. April 2004 (Kein Witz! Oder doch?).
Weiterhin
wird's hoffentlich eine Kollaboration mit der Finnischen Dubcrew
AB-10 geben, die eine EP für den skandinavischen Markt
fertig haben. Ich möchte das gerne auf den europäischen
Markt ausweiten, aber da ist noch einiges zu klären.
Im
April gehe ich mit Sir Larsie I auf kleine Finnland-DJ-Tour,
was sicherlich sehr spaßig wird. Das sind soweit die einzigen
einigermaßen klaren Sachen. Alles andere ist Zukunftsmusik
und hängt in erster Linie davon ab, wieviel Minus mir der
ganze Spaß letztendlich einbringt. ;-)
Wenns
erlaubt ist, möchte ich zum Abschluss noch einigen Leuten
Dank aussprechen, die mir bisher sehr geholfen haben: Dubcreator
und Jah Warrior, ohne die es kein Dub Flash Web Portal mehr
gäbe, Larsie für die Kulanz, meine Freunde für
ihr Unverständnis ;-), Irie Ites und alle anderen (Web)magazine,
die mich gefeatured haben, alle hilfreichen Vertriebe und meine
Finnland-Crew. Peace!
Interview: Karsten Frehe (01/04)
www.dubflash.com
Die
Veröffentlichungen gibt's in Deutschland bei: www.rootsmessenger.de
Zum Irie Ites-Review geht's HIER!